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Mein Mitleid mit den Dingen
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Jurybegründung SFD-Preis bei Track 5’In »Mein Mitleid mit den Dingen« von Sveta Schwin machen sich die Gegenstände selbständig, sie fallen zu Boden, zerbrechen, schneiden Wunden in bloße Füße. Die Rache der Dinge bekommt sie zu spüren: eine humpelnde, tollpatschige Zirkusartistin, die mehr an eine groteske Figur wie Gombrowicz’ »Ivonne, die Burgunderprinzessin« erinnern mag, als an ein zartes Persönchen wie Kafkas »hinfällige, lungensüchtige Kunstreiterin«.Pointiert bis hysterisch, und dabei sehr witzig, liest Ankathie Koi, Régis Maika spricht ein Echo ihrer Sätze, die Musik von Peter Plos verstärkt dieses Echo und illustriert mit wenigen comicartigen Sounds die Vorgänge innerhalb dieser »Todesfalle Haushalt«. Der böse Humor von Jürgen Dose, möchte man sinnieren, krakeelt hier mit der Stimme von Florence Foster Jenkins! Doch keineswegs, denn Text und Regie hat Sveta Schwin verbrochen, an ihr scheiden sich die Geister, und so kann man sich für derart ungewöhnliche – dabei professionell produzierte – Arbeiten meist nur einsam und tyrannisch-diktatorisch entscheiden, was ich hiermit gerne verantworte.

Teresa Präauer, 2018

Zum Inhalt:

Sie, eine Zirkusartistin, findet plötzlich Gefallen daran, Dinge fallen zu sehen. Dabei tun sie ihr doch sonst leid, denn sie können ja nicht anders, als fallen. Lustige Dinge. Humpelnd und lachend stößt sie sich an, fliegt in Badewannen, legt sich in nasse Betten. Mal geht sie in der Landschaft aus Gegenständen unter, mal triumphierend hervor.

SprecherInnen: Ankathie Koi und Régis Mainka

Musik/Sound: Peter Plos

Autorin, Regie: Sveta Schwin

Pferde
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Hörspiel zum Text zum Bild von The Weather Project von Olafur Eliasson.

 

Macht den Vorhang auf. Genau da wo es rot ist. Es muss dort ein Schlupfloch sein zwischen den Nähten. Ein Seil wird dort hängen, ich kenne es. Daran gezogen schiebt sich der Vorhang auf. Und das Blau kann hinein. Ich würde es ja selbst tun, aber ich kann hier nicht weg. Und wischt doch bitte den Boden, da wo er fleckig ist. Ihr denkt das müssen Menschen sein, diese Flecken. Nein, das sind keine Menschen. Aber sie waren mal hier, eure Menschen. Sie haben die Sonne hängen lassen, sie haben sie einfach vergessen, ihre Sonne. Jetzt hängt sie hier noch immer und ich kann nicht weg. Ihre Tiere haben sie mitgenommen. Sie steckten sie sich in ihre Taschen und spazierten los. Nur die Pferde schmissen sich auf ihre Rücken und tollten herum. Und wieherten. Bis alles summte. Ich höre sie noch immer tollen. Denn ich kann nicht weg von hier. Die Fische brachten die Menschen aufs Land, so wird erzählt. Und dann sind sie wieder zurück in ihr Wasser. Seitdem war kein Mensch mehr im Wasser. Und auch ich kann nicht dorthin. Denn ich muss hier bleiben. Und in der Sonne brennen. Auf diesem Bild.

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The weather project, 2003 Tate Modern, London – 2003 Photo: Tate Photography (Andrew Dunkley & Marcus Leith)

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Blick/RegenszenePeter Plos

Blick ist meine aktuelle Arbeit. Es soll zu einem Theater/Performance/Spielstück für 0-100+ Jährige heranwachsen. Hier ein kleiner Teil daraus:

 

Wesen: T

                S 

 

Das Wesen des S ist das eines Blickes. T ist ein Freund und das angeblickte Wesen. Im Verlauf der Zeit stellt sich bei S Erschöpfung ein. Diese äußert sich durch kurzzeitige Einschränkungen der Sicht und länger werdenden Dunkelphasen: wie sehr langsames Blinzeln. Die Erschöpfung kommt und sie vergeht wieder.

​​​

 

Regen. T geht hinein, um frei zu sprechen. Und findet darin S . T und S stehen im Regen und nehmen sich wahr. Bis T als nasses T ohne S aus dem Regen kommt. T kommt zu einem Loch im Boden, stampft sich hinein und bedeckt es mit seinem haarigen runden Körper; T ist jetzt Schaf, sitzt da und hält ein Erdloch dicht. Es schläft, träumt, wacht wieder auf. T bleibt Schaf. Es kann sehr leicht sein, dass T zwischen verschiedenen Schafen hin- und herwechselt. Aber wenn das Vorangegangene dem Werdenden komplett gleicht, verändert es sich nicht im eigentlichen Sinne. Sinn der Dinge ist es, sich zu unterscheiden. Oder etwa nicht? - Ein Vogel singt T ins Ohr und schon wird Schaf zu Vogel und fliegt zu einer Birke. Unter dieser Birke wird T zum Schwein. Als Schwein sehnt sich T wieder nach dem Erdloch. Diesmal soll es ein Schlammloch sein. T fragt das Schaf, wo T ein Schlammloch finden kann. Dieses antwortet:

- wenn du keins findest, buddele dir eins!

- Aaaber! Da gibt es doch sicher etwas zu beachten oder nicht?

Schwein sieht Baum und Schwein stellt sich daneben. Stundenlang. Es freut sich und grunzt und springt hoch, wenn ihn die Käfer kitzeln. Der Baum legt die Äste an, bis es nurmehr ein ragender Stamm ist. - Und Stamm verkommt. Der Apfelbaum fällt mittig in sich zusammen bis zum Boden und dann weiter bei den Wurzeln: ein Wurzelloch, groß wie eine Baumkrone. Die verholzte Pflanze hat sich aufgelöst. Gespenstisch! Denkt das Schwein und legt sich dennoch in das Loch hinein. Ab jetzt wird alles gut. Der Baum rollt sich wieder auf, kommt gemächlich und ohne Hast zurück gekrochen, verholzt sich erneut, diesmal durch das Schwein hindurch und mit diesem mit. Ein Schweinebaum.

- Das hat leicht weh getan! sagt das Schwein zu sich selbst als Baum.

- Ja das hat es.

- Wohin jetzt?

- Erstmal bleiben wir hier!

- Das ist gut!

Kein Käfer
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